Bereits 2017 wurde der Nationale Aktionsplan verabschiedet, der Bildung für nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen des deutschen Bildungssystems verankern will. Das Bundesumweltministerium hat zu diesem Zweck eine Linksammlung zusammengestellt. Diese führt zu zahlreichen Materialien für die pädagogische Bildungsarbeit rund um das Thema Nachhaltigkeit (Nachhaltigkeit im Unterricht).
Was bedeutet Nachhaltigkeit?
Der Begriff stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Mit „nachhaltigem Wirtschaften“ ist gemeint, dass Förster:innen nicht mehr Bäume fällen als nachwachsen können. Mittlerweile wird der Begriff auf alle Bereiche des menschlichen Lebens ausgedehnt: Wir sollen so wirtschaften, dass unsere Folge-Generationen noch einen lebenswerten Planeten vorfinden.
Derzeit sind wir davon leider weit entfernt: 2022 fiel der „Earth Overshoot Day“ bereits auf den 28. Juli. Dieser „Erdüberlastungstag“ ist jener Tag, an dem alle Ressourcen aufgebraucht waren, die die Erde im ganzen Jahr selbst wiederherstellen kann. Ozeane werden schneller leergefischt als sich Fischbestände erholen können, Wälder schneller gerodet als sie nachwachsen können. Zum Vergleich: 1987 fiel der „Earth Overshoot Day“ auf den 19. Dezember. Der Spruch „Wir gehen mit der Erde um, als ob wir eine zweite im Keller haben“ ist bittere Wirklichkeit.
Zwar interessieren sich viele Jugendliche für umweltpolitische Fragen und würden sich gerne stärker engagieren, doch oft fehlt es ihnen an Hintergrundwissen und seriösen Informationsquellen. Hier sind Schulen und Lehrer:innen gefragt. Sie können in zahlreichen Schulfächern Aspekte des Umweltschutzes theoretisch und praxistauglich vermitteln.
Nachhaltigkeit im Schulunterricht
Wenn es die Zeit und die Umstände an den jeweiligen Schulen erlauben, sind die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz prädestiniert für fächerübergreifendes Lernen. Aktionstage, Ausflüge oder BNE-Klassenfahrten runden die theoretischen Unterrichtseinheiten ideal ab. Hier kommen Ideen zur Planung für einzelne Fächer:
- Biologie: Ökoysteme, Artenvielfalt und -schutz
- Chemie: Chemikalien und ihr Einfluss auf die Umwelt (Plastik!)
- Physik: Energie, Mobilität & Klima
- Politik: Globalisierung & Klimapolitik
- Wirtschaft: Konsum & Lifestyle (Einwegbecher, Fast Fashion, etc.)
- Geographie: Lebensräume, Klimazonen & Weltwirtschaft
- Geschichte: Entwicklung der Wirtschaft (Industrie), Ressourcenverbrauch
- Ethik/Philosophie: Lebensstile, Menschenrechte & Ressourcenverteilung
- Deutsch: Werbung, Kommunikation & manipulative Sprache
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Unterrichtsanregung 1: Mülltrennung
In Deutschland fallen jedes Jahr rund 40 Millionen Tonnen Abfall in privaten Haushalten an. Sehr viele Abfälle lassen sich recyceln, d.h. aus ihnen entstehen neue Rohstoffe, die wiederum zu neuen Produkten verarbeitet werden. Dadurch kann der Verbrauch endlicher natürlicher Ressourcen gesenkt werden.
Leider ist das deutsche Recyclingsystem mit seinen vielen verschiedenfarbigen Mülleimern und anderen Entsorgungsarten immer komplizierter geworden. Viele Menschen sind nur unzureichend über die richtige Mülltrennung informiert und fühlen sich überfordert. Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung stellte in manchen Bereich bis zu 60 Prozent Fehlwürfe fest. Soll heißen: Mehr als die Hälfte des Mülls wurde falsch entsorgt. Der Pizzakarton zum Beispiel ist meist beschichtet und mit Pizzaresten versehen und gehört daher in den Restmüll und nicht in die Altpapiertonne. Schulische Bildung kann hier ansetzen und über die Schüler:innen eventuell auch die Eltern erreichen.
Viele örtliche Entsorgungsbetriebe bieten für Schulklassen zum Beispiel Führungen durch Abfallsortierungsanlagen an.
Anregungen für Unterrichtseinheiten zum Thema Mülltrennung:
- Die Seite muelltrennung-wirkt.de ist eine Initiative des Dualen Systems und bietet für Grundschüler Arbeitsblätter und Übungsanleitungen zur Unterrichtsvorbereitung.
- Ganz praktische Anregungen für Mülltrennung an der Schule in Form einer Stationsarbeit bietet der Auer Verlag.
- Die Seite wertstoffprofis.de ist ein Bildungsprojekt der Remondis-Firmengruppe und bietet vielfältiges Unterrichtsmaterial und Videos zum Thema Mülltrennung für Grundschule und Sekundarstufe 1 zum kostenfreien Download.
- Lieber interaktiv? Die Müll AG ist ein kostenfreies Lernspiel, das unterrichtsbegleitend Schüler: innen die korrekte Müllsortierung beibringt.
Unterrichtsanregung 2: Plastik vermeiden
Plastikmüll ist eines der größten Probleme der Welt. Erst seit einigen Jahren engagieren sich die Regierungen weltweit für die Reduzierung von Plastik. Seit der Einzelhandel 2016 anfing, Gebühren für Plastiktüten zu erheben, ging der Verbrauch stark zurück (siehe Abbildung).
Doch an anderer Stelle sind wir weniger weit, so zum Beispiel beim Konsum von Einwegbechern – Stichwort: Coffee-to-go. Auch Jugendliche lieben den samt den Plastikbechern verkauften Lifestyle und tragen so zu fast drei Milliarden Einwegbechern pro Jahr im deutschen Müll bei. Seit 2022 müssen Restaurants und Cafés daher Mehrweg-Alternativen vorhalten, wenn sie Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten.
Wie sieht es konkret an Ihrer Schule aus? Wie viel Plastik steckt in den Brotbüchsen der Schüler: innen und wer kommt morgens mit dem Einwegbecher vom Bäcker ins Klassenzimmer? Hier startet in der Unterrichtsplanung von Lehrkräften eine erste Analyse-Möglichkeit mit Schüler: innen.
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Der Natur auf der Spur mit BNE-Klassenfahrten
Im Unterricht können die meisten mit Nachhaltigkeit verbundenen Themen nur theoretisch behandelt werden. Als praxisnahes Erlebnis sind altersgerechte BNE-Klassenfahrten die perfekte Ergänzung. Haben die Schüler:innen einmal selbst am Nordseestrand Müll gesammelt und sich in einem der Naturschutzzentren des Nationalparks Wattenmeer über die Bedrohung der dortigen Tierwelt informiert, werden sie das Thema Plastikmüll anderes angehen. Workshops in außerschulischen Bildungsorten wie dem Klimahaus Bremerhaven und in wissenschaftlichen Laboren ermöglichen praktische Erfahrungen unter fachkundiger Anleitung.
Das Interesse für MINT-Fächer dürfte steigen, wenn Schüler:innen verstehen, wie wichtig naturwissenschaftliche Forschungen, moderne Technologien und die Digitalisierung für den Umweltschutz sind.
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Langfristiges Engagement mit einem Schulgarten
Ein Schulgarten verbindet die Schüler:innen klassenübergreifend und wird immer wieder an die nachfolgenden Klassen übergeben. Die Schulklassen lernen Verantwortung für ein Stück Natur zu übernehmen und entdecken fast spielerisch nebenher wichtige biologische Prozesse. Vor der Einrichtung eines Schulgartens müssen zunächst einige wichtige organisatorische Fragen geklärt werden:
- Gibt es ein ausreichend großes Grundstück auf dem Schulgelände?
- Ist dieses Grundstück als Standort geeignet (Sonnenlicht, Wasserzufuhr, etc.)?
- Ist dieses Grundstück außerhalb der Schulzeit vor Vandalismus geschützt?
- Ist das Grundstück für Schüler:innen mit körperlichen Einschränkungen erreichbar?
- Welche Lehrer agieren als Ansprechpartner bzw. Leiter der Schulgarten-AG?
- Wer betreut den Garten während der Ferienzeiten?
Es ist sinnvoll, den Aufbau und die laufende Betreuung des Schulgartens einer eigenen Schulgarten-AG mit engagierten Schüler:innen und Lehrkräften zu übergeben. Schulklassen können sich dann zur Nutzung während des Unterrichts in einen Plan mit freien Terminen eintragen.
Die wichtigsten Punkte für die Planung des Schulgartens:
- Welche Pflanzen sollen gepflanzt werden?
- Wie werden die Beete angelegt?
- Welche Kulturformen sind möglich?
- Was geschieht später mit der Ernte?
Daneben muss mit der Schulleitung über die Infrastruktur und deren Finanzierung gesprochen werden. Im Idealfall wird ein kleines Gerätehaus in der Nähe des Schulgartens aufgestellt, in dem alle Gartengeräte aufbewahrt werden. Den Schlüssel zum Schloss nimmt die Lehrkraft an sich, welche mit ihrer Klasse im Schulgarten arbeiten möchte. Zu anderen Zeiten trägt ihn die für die Schulgarten-AG zuständige Lehrkraft mit sich.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schulgarten e.V. hat auf ihrer Website eine ausführliche Linkliste mit aktueller Literatur zu Schulgärten zusammengestellt. Hier finden Lehrkräfte zahlreiche Anregungen zur Gestaltung des Schulgartens, sowie Arbeitsblätter und Projektideen für verschiedene Altersstufen.
Vertiefen Sie das Thema gern bei einer BNE-Klassenfahrten nach Berlin und erleben Sie mit Ihren Schüler:innen das Thema Urban Gardening hautnah. Zudem können Sie an einer Ackertour teilnehmen und sich über nachhaltige Landwirtschaft informieren. Diese Klassenfahrten können als Inspiration zur Einrichtung des Schulgartens dienen.
Nachhaltigkeit in der Schule dauerhaft integrieren
Die Ergebnisse von Projekttagen oder einzelnen Stunden zum Thema Umweltschutz können nachhaltig wirken, aber manchmal auch verpuffen. Hier sind einige Anregungen für Lehrkräfte, um Nachhaltigkeitsziele tatsächlich langfristig in der Schule zu erreichen:
- Poster und Ausstellungen: Ergebnisse von Projekten zum Beispiel zur richtigen Mülltrennung im Schulhaus aushängen oder als Poster für zuhause aufbereiten.
- Schulmaterialien: Schüler: innen und Eltern zum Kauf von Schulheften und Schreibblöcken aus Recyclingmaterial und Heftern aus Pappe statt aus Plastik sensibilisieren.
- Brotdosen-Analyse: Mit Schüler:innen Brotdosen durchschauen – wie viel Plastikverpackung steckt drin?
- Beleuchtung im Klassenzimmer hinterfragen: Brauchen wir in der Pause Licht?
- Den Schulweg analysieren: Wer schafft es mit dem Rad oder zu Fuß zur Schule?
- Umweltsprecher wählen: Klassen wählen einen Umweltsprecher, der Themen wie richtiges Lüften, Licht ausschalten, Müllvermeidung immer wieder anspricht.
- BNE-Aktion Klimadetektive: Unterziehen Sie Ihre Schule einem Klimacheck mit der Aktion „Klimadetektive in der Schule“.
- „Umweltschule in Europa“ werden – Ausschreibung der internationalen Umweltbildungsorganisation Foundation for Environmental Education.
- Die Fairtrade-Schools-Kampagne unterstützen und das Thema fairer Handel in der Schule verankern.
- Energiesparwochen regelmäßig in das Schuljahr integrieren. Anregungen gibt es in der Broschüre Nachhaltigkeit in der Schule.
- Sammeldrache werden. Schüler:innen sammeln leere Druckerpatronen und ausgediente Smartphones und erhalten im Gegenzug Prämienpunkte für Bastel- und Schulmaterialien.
Weitere Informationen zum Thema Nachhaltigkeit
Linksammlung
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Nachhaltigkeit im Unterricht
- Umweltbundesamt: Earth Overshoot Day 2022
- Mülltrennung wirkt: Arbeits- und Übungsblätter für die Grundschule
- Auer Verlag: Stationsarbeit Mülltrennung
- Die Wertstoffprofis: Arbeitsblätter Abfall für Grundschule und Sekundarstufe 1
- Die Müll AG: Kostenfreies Lernspiel Müll AG
- Deutsche Umwelthilfe: Problem Kaffeebecher
- Bundesarbeitsgemeinschaft Schulgarten e. V.: Schulgartenliteratur
- BNE-Aktion Klimadetektive: Klimadetektive in der Schule
- Deutsche Gesellschaft für Umwelterziehung: Umweltschule in Europa
- Fairtrade Deutschland e. V.: Fairtrade Schools
- Edition Spohns Haus: Nachhaltigkeit in der Schule – Konzepte und Beispiele für die Praxis
- Der Sammeldrache: Mit Druckerpatronen und Smartphones für Bildung und Umwelt
Bildnachweis
- Titelbild: Juice Verve/ Shutterstock
- Schüler auf der Mülldeponie: Vivianne Lemay / unsplash
- Statistik „Auslaufmodell Plastiktüte“ / STATISTA
- Schulgarten: / Pixabay
