Viele Schüler reagieren erleichtert. Ihnen sind die gemeinsamen Ausflüge besonders wichtig, da sie neben pädagogischen Lehrzielen auch den Zusammenhalt im Klassenverband stärken. Dass ausgerechnet die Streichung der Klassenfahrten als Druckmittel für Lehrer herhalten musste, um gegen die zwangsverordneten Mehrstunden zu protestieren, hatte sowohl bei Schülern, als auch bei Eltern für Unverständnis gesorgt. Neben Diskussionen zwischen Schülern und Lehrern kam es sogar zu Demonstrationen gegen den Verzicht auf Klassenfahrten.
Hintergründe des Boykotts
Im Sommer 2013 hatte die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens einen Haushaltsentwurf vorgestellt, wonach 80 Millionen Euro eingespart werden sollten. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) vorgeschlagen, dass Gymnasiallehrer ab dem Schuljahr 2014/2015 eine Stunde mehr pro Woche unterrichten sollten. Außerdem wurde die Arbeitszeitverkürzung für Lehrer ab 55 Jahren um eine Stunde und für Lehrer ab 60 Jahren um zwei Stunden abgeschafft. Die damit freiwerdenden finanziellen Mittel sollten u.a. in den Ausbau von Ganztagsschulen investiert werden.
Viele Lehrer fühlten sich durch die Neuregelung ungerecht behandelt. Sie beklagten, dass die realen Arbeitszeiten durch außerschulische Aktivitäten, Vor- und Nachbereitung sowie Konferenzen oft schon eine 40-Stunden-Woche überschritten, wie sie im öffentlichen Dienst vorgeschrieben sei. Die Haltung des Kultusministeriums zeige außerdem eine mangelnde Anerkennung ihrer Arbeit. Bereits im August 2013 demonstrierten mehrere tausend Lehrer auf den Straßen von Hannover gegen die Unterrichtszeitverlängerung. Als Zeichen des Protestes sagten außerdem mehrere Lehrerkollegien zum Leidwesen der Schüler die geplanten Klassenfahrten ab.
Das neue Urteil
Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg wurde den Lehrern nun nachträglich Recht gegeben. Sie werden in Zukunft wieder eine Stunde weniger arbeiten müssen. Doch bei all der Freude für die Lehrer gibt es nun ein neues Problem für die Landesregierung: Wenn alle Lehrer wieder eine Stunde weniger arbeiten müssen, werden landesweit 750 neue Lehrer gebraucht, für die Gelder bereitgestellt werden müssen. Ministerpräsident Stephan Weil verspricht:
„Wir werden dafür Sorge tragen, dass nicht am Ende die Schulen und Schüler die Leidtragenden sind. Wir werden mit einem Nachtragshaushalt sehr schnell die notwendigen Stellen bereitstellen, damit das Urteil schon im nächsten Schuljahr umgesetzt werden kann.“ – NDR: „Endlich wieder Klassenfahrten – und 750 neue Lehrer„, 11.06.2015
Trotz allen Triumphes bleibt ein Wermutsstropfen für die Lehrer: Die Alterszeitermäßigung wird mit dem Urteil nicht wieder eingeführt. Zudem bleibt ein Rest an Unsicherheit, ob das Urteil Bestand haben wird, denn noch ist unklar, ob Beschwerde gegen den Revisionsausschuss eingelegt werden wird.
Einen Sieger hat das Urteil jedoch ganz sicher: Die Schüler. Der Landesschülerrat fordert nun das Ende des Klassenfahrt-Boykotts durch die Lehrer und das wird es wohl auch geben. Damit können sich auch die Schüler in Niedersachsen endlich wieder auf die nächste Klassenfahrt freuen!
Linksammlung
- HEROLÉ-Blog: „Reisekostenerstattung für Lehrer – Müssen Lehrer draufzahlen?“
- HEROLÉ-Blog: „Alles über Klassenfahrten in Niedersachsen“
- NDR: „Endlich wieder Klassenfahrten – und 750 neue Lehrer„, 11.06.2015
Bildnachweis:
- Titelbild: HEROLÉ
- Lehrer: HEROLÉ