Was bedeutet Coaching für Lehrer?
Das Wort Coaching beschwört oft noch Vorstellungen von Managern und Führungskräften herauf, die ihre ohnehin schon erfolgreiche Karriere weiter voran treiben möchten. Doch dies ist nur einer von vielen Aspekten des Coachings. Der Begriff umfasst verschiedene Formen der Beratung für alle Lebensbereiche. Der Coach versteht sich dabei als Gesprächspartner, der den Hilfesuchenden zur Selbstreflexion angeregt und mit ihm gemeinsam Lösungen sucht. Anders als eine Psychotherapie ist Coaching eher kurzfristig ausgelegt und geht weniger in die Tiefe. Es kann jedoch möglich sein, dass der Coach eventuell eine weiterführende Psychotherapie bei einem dazu ausgebildeten Therapeuten empfiehlt, wenn er dies für sinnvoll hält.
In den letzten Jahren hat in Deutschland – endlich – ein gesellschaftlicher Wandel eingesetzt. Noch viel zu lange herrschte eine Mentalität vor, die die Suche nach professioneller Hilfe als Zeichen von Schwäche deutete. Man möge sich einfach zusammenreißen, und schon ginge es wieder besser. Glücklicherweise hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass jeder Mensch von Hilfe profitieren kann. Und dass gerade Berufstätige, die in ihrer Branche permanent starken psychischen Belastungen ausgesetzt sind, entsprechende Angebote bekommen sollten. Eine Studie der Freiburger Arbeitsgruppe um Professor Dr. Joachim Bauer stellte schon 2010 fest, dass sich die Gesundheit der an einem Coaching teilnehmenden Lehrern anschließend objektiv gebessert hatte.
Die Freiburger Arbeitsgruppe sieht u.a. die Position der Lehrer als Einzelkämpfer als Hauptgrund für die stark zunehmende Zahl der Burnouts und Depressionen. Ihre Coaching-Gruppen zielen darum nicht nur auf Einzelgespräche zwischen Coach und Lehrer ab, sondern auch auf den Austausch zwischen Betroffenen.
„Lange Lehren“ der Freiburger Arbeitsgruppe, ist für alle Lehrer eine empfehlenswerte Lektüre.
Staatliche Hilfsangebote für Lehrer
Für Lehrer gibt es zwei Wege, Unterstützung durch einen Coach zu finden. Die eine führt offiziell über die Schulleitung und die Kultusministerien der Bundesländer. Wenn Sie sich scheuen, Ihre eigene Schulleitung anzusprechen, können Sie auch den direkten Weg zu staatlichen Beratungsstellen gehen. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hat beispielsweise ein kostenloses Beratungstelefon eingerichtet, das rund um die Uhr erreichbar ist. Der Berliner Senat hat wiederum eine Liste aller in den einzelnen Bezirken aktiven Coaches als PDF zusammengestellt, die Lehrer per E-Mail kontaktieren können. Die Angebote aller Bundesländer im Überblick:
- Baden-Württemberg: Konfliktberatung
- Bayern: Staatliche Staatliche Schulberatung
- Berlin: Beratung für Schulpersonal
- Brandenburg: Zur Lehrergesundheit an staatlichen Schulen in Brandenburg
- Bremen: Supervision im schulischen Arbeitsfeld
- Hamburg: Personalgesundheit
- Hessen: Kompetenzzentrum Schulpsychologie
- Mecklenburg-Vorpommern: Schulpsychologischer Dienst
- Nordrhein-Westfalen: Kostenloses Beratungstelefon für Lehrer und Lehrerinnen
- Niedersachsen: Beratung und Unterstützung
- Rheinland-Pfalz: Kollegiale Praxisberatung
- Saarland: Schulpsychologischer Dienst
- Sachsen: Schulpsychologische Beratung
- Sachsen-Anhalt: Beratungsangebot
- Schleswig-Holstein: Mediation, Beratung und Hospitation
- Thüringen: Schulpsychologischer Dienst
In der Regel sind die staatlichen Angebote der Bundesländer für hilfesuchende Lehrer kostenlos. Allerdings kann es zu längeren Wartezeiten bei der Terminvergabe kommen.
Lesetipp
Privates Coaching für Lehrer
Möchten Sie nicht so lange auf einen Termin warten oder möchten Sie Ihr Coaching lieber völlig losgelöst vom Schuldienst wahrnehmen, können Sie Kontakt zu einem privaten Coach aufnehmen. Viele haben sich auf Lehrer als Kundenkreis spezialisiert und waren häufig selbst als Lehrer tätig. Sie sind also bestens mit den typischen Problemen des Schulbetriebs vertraut.
Die ehemalige Lehrerin Lydia Clahes hat sich vor allem als @lehrercoach bei Instagram einen Namen gemacht. Auf ihrer eigenen Website Locker Lehrer stehen ihre bisherigen Podcasts und weitere Veröffentlichungen zum Download zur Verfügung. Sie können ihren Blog lesen oder sogar persönliches Coaching per Telefon mit ihr vereinbaren.
Andreas Reinke, Lehrer für Deutsch, Geschichte und evangelische Religion hat mehrere Schriften für Familylab.de veröffentlicht und bietet ebenfalls Trainingsprogramme und Vorträge an. Für HEROLÉ REISEN hat er als Lehrercoach zahlreiche wertvolle Videos mit Tipps rund um den Lehreralltag aufgenommen.
Wie finde ich einen guten Coach?
Wenn Sie bei Google den Suchbegriff „Coaching für Lehrer“ eingeben, finden Sie ein riesiges Angebot. Wie finden Sie den richtigen Coach für Ihre Bedürfnisse? Dazu sollten Sie einige Punkte beachten. Ganz wichtig: Die Bezeichnung „Coach“ ist nicht geschützt, das heißt, jeder kann unabhängig von seinen Qualifikationen und Erfahrungen Coaching anbieten.- Ein guter Coach hat eine eine eigene Website, auf der er/sie beschreibt, was ihn/sie zur Arbeit als Coach qualifiziert. Hat derjenige eine entsprechende Ausbildung im psychologischen Bereich absolviert oder andere Formen von Schulungen und Fortbildungen?
- Verfügt derjenige über praktische Erfahrungen des Schulbetriebs, d.h. war selbst als Lehrer/in tätig und kennt Ihre Umstände dadurch sehr gut selbst?
- Bietet der Coach ein erstes kostenloses Kennenlerngespräch an, in dem Sie feststellen können, ob Sie überhaupt zueinander passen und zu dieser Person Vertrauen fassen können?
- Geht der Coach offen und transparent mit dem Coachingangebot und seinen Preisen um? Fragen Sie stets deutlich nach der zu erwartenden Dauer des Coachings und den damit verbundenen Kosten. Sie möchten nicht über viele Wochen immer wieder neue Termine machen müssen, nur weil Sie eine bequeme Geldquelle sind. Oft reicht schon ein einziges Wochenende oder über einen Monat verteilte Einzeltermine.
Ein Tipp: Viele Coaches tummeln sich heute auch in den sozialen Medien wie Facebook und Instagram. Schauen Sie dort nach Bewertungen und Feedback anderer Kunden.
Was soll das Coaching bringen?
Stellen Sie sich auch die Frage danach, was Sie konkret von Ihrem Coach und dem Coaching erwarten, denn jeder Coach hat eigene Spezialitäten und Schwerpunkte. Hoffen Sie auf ein systemisches Coaching, das zahlreiche verschiedene Aspekte beleuchtet, möchten Sie wissen, wie Sie einen besseren Draht zu Ihren Schülern bekommen oder wie Sie besser mit frechen, bösartigen oder sogar mobbenden Schülern fertig werden? Sind sie vollkommen frustriert und auf der Suche nach Motivation oder haben Sie einfach das Gefühl, durch Zeitmangel, überbordende Bürokratie und den rasanten Fortschritt der Digitalisierung überfordert zu sein? Je besser Sie wissen, was Sie von Ihrem Coach erwarten, umso eher finden Sie jemanden, der diese Ansprüche wirklich erfüllen kann.
Weitere Beiträge zum Thema Psychologie
Linksammlung
- Freiburger Arbeitsgruppe: Studie
- Freiburger Arbeitsgruppe: Gesundheitsprophylaxe für Lehrkräfte
- Lehrercoach Lydia Clahes: Locker Lehrer
- Andreas Reinke: Website
- YouTube Playlist: Tipps vom Lehrercoach Andreas Reinke
Bildnachweis
- Beratungsgespräch: fizkes / Shutterstock.com
- Drei Lehrkräfte im Klassenzimmer: ESB Professional / Shutterstock.com
- Aaron Burden / Unsplash