Doch wie sieht es mit der Rechtslage aus? Dürfen Schüler überhaupt von Klassenfahrten ausgeschlossen werden? Unter welchen Umständen ist der Ausschluss erlaubt und wann ist diese Maßnahme eigentlich angebracht? Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Ausschluss von Klassenfahrten.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten?
Lehrer vermitteln den Schülern nicht nur Fachwissen, sondern sind auch zunehmend an deren Erziehung beteiligt. Um das zu gewährleisten, stehen Lehrern verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, mit denen sie Schüler notfalls maßregeln können:
Pädagogische Maßnahmen dienen der Erziehung von Schülern bei leichten Regelverstößen und unterliegen vor allem der Verantwortung der Lehrer. Dazu gehören zum Beispiel Gespräche mit Schülern und Eltern, Ermahnungen oder Zusatzaufgaben als Strafe für Fehlverhalten. Pädagogische Maßnahmen können aber auch während einer Klassenfahrt wirkung zeigen. Die Erlebnispädagogischen Ausflüge unserer Klassenfahrt in den Klassenfahrt in den Schwarzwald hilft zum Beispiel dabei Schüler besser in die Klasse zu integrieren und den Teamgeist zu stärken.
Welche Ordnungsmaßnahmen erlaubt sind und wer sie verhängen darf, hängt maßgeblich vom jeweiligen Bundesland und seinem Schulgesetz ab. In der nachfolgenden Liste haben wir die Abschnitte der Landesschulgesetze aufgeführt, die die Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen näher definieren:
- Baden-Württemberg: § 90 (Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen)
- Bayern: Art. 86 (Erziehungsmaßnahmen, Ordnungsmaßnahmen)
- Berlin: § 63 (Ordnungsmaßnahmen)
- Brandenburg: § 64 (Ordnungsmaßnahmen)
- Bremen: 46 (Ordnungsmaßnahmen)
- Hamburg: § 49 (Ordnungsmaßnahmen)
- Hessen: 82 (Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen)
- Mecklenburg-Vorpommern: § 62a (Ordnungsmaßnahmen)
- Niedersachsen: 61 (Erziehungsmittel, Ordnungsmaßnahmen)
- Nordrhein-Westfalen: 53 (Erzieherische Einwirkungen, Ordnungsmaßnahmen)
- Rheinland-Pfalz: 53 (Schul-, Prüfungs- und Heimordnungen)
- Saarland: 32 (Ordnungsmaßnahmen)
- Sachsen: 39 (Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen)
- Sachsen-Anhalt: § 44 (Ordnungsmaßnahmen)
- Schleswig-Holstein: 25 (Maßnahmen bei Konflikten mit oder zwischen Schülerinnen und Schülern)
- Thüringen: § 51 (Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen)
Lesetipp
Dass der Ausschluss von der Klassenfahrt als Ordnungsmaßnahme zulässig ist, haben Gerichte in Berlin bereits mehrfach bestätigt:
„Aggressives Fehlverhalten gegenüber Mitschülern kann den Ausschluss von einer Klassenfahrt rechtfertigen. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin die Eilanträge zweier Schüler einer siebten Klasse eines Gymnasiums in Berlin-Zehlendorf zurückgewiesen, die ihren Ausschluss von einer Klassenreise nach Amrum hatten rückgängig machen wollen.“ – (Quelle)
„Das Verwaltungsgericht hat heute in einem Beschluss den Eilantrag eines 16-jährigen Schülers gegen die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung zurückgewiesen, mit dem der Schüler seine Teilnahme an einer Klassenfahrt nach Rom erreichen wollte. Die Klassenkonferenz des Gymnasiums hatte gegen den Schüler eine Ordnungsmaßnahme ergriffen und ihn von der Teilnahme an der Klassenfahrt ausgeschlossen, weil dieser eine ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit wiederholt mit undiszipliniertem und fortwährend den Unterricht störendem Verhalten unmöglich gemacht hatte.“ – (Quelle)
Wichtig ist allerdings, dass es sich bei einem Ausschluss von der Klassenfahrt nicht einfach um eine interne schulische Maßnahme handelt, die der Schüler zwingend hinnehmen muss. Viele Jugendliche bzw. deren Eltern wehren sich gerichtlich gegen den Ausschluss. Deshalb müssen Schulen sehr gute Gründe haben, um die drastische Maßnahme vor den Eltern und im Zweifelsfall vor einem Gericht rechtfertigen zu können. Das heißt im Klartext: Nur schwerwiegendes Fehlverhalten kann Anlass für ein förmliches Ordnungsverfahren sein.
Wann ist der Ausschluss von einer Klassenfahrt angebracht?
Ob ein Fehlverhalten den Ausschluss von einer Klassenfahrt rechtfertigt, hängt natürlich vom Standpunkt ab. Natürlich kann nicht jede Rangelei oder jeder kleine Verstoß gegen die Schulordnung als Ausschlussgrund gelten. In der Vergangenheit haben Gerichte vor allem dann Lehrern Recht gegeben, wenn ein Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet hat.
Laut der Deutschen Anwaltsauskunft bestätigte das Verwaltungsgericht Stuttgart beispielsweise den fünftägigen Unterrichtsausschluss eines siebenjährigen Schülers, weil dieser wiederholt und mehrfach Mitschüler beleidigt und geschlagen hatte. Von einer Rangelei unter Mitschülern war dieses Verhalten nicht nur durch die Wiederholbarkeit klar zu unterscheiden, sondern auch, weil die Klassenlehrerin beobachtet hatte, wie der Schüler einen am Boden liegenden Mitschüler auf den Rücken schlug. Durch diesen besonderen Umstand hatte er also die Gesundheit eines Mitschülers gefährdet.
Nicht nur Fehlverhalten vor Antritt der Klassenfahrt kann zum Ausschluss führen. Wenn ein Schüler während der Fahrt die Schulordnung oder das Jugendschutzgesetz massiv verletzt und zum Beispiel Alkohol, Drogen oder Zigaretten konsumiert, können ihn die begleitenden Lehrer wieder nach Hause schicken.
Der Experte Günther Hoegg, Jurist mit dem Schwerpunkt Schulrecht, empfiehlt in seinem Ratgeber „SchulRecht! für schulische Führungskräfte“ folgende Konsequenzen bei unerlaubtem Alkoholkonsum:
„Bei leichtem Alkoholgenuss genügt eine Ausgangssperre, sollte der Betroffene regelrecht betrunken sein, empfiehlt es sich, ihn nach Hause zu schicken.“(Quelle)
In unseren Blogartikeln „Zigaretten und Drogen auf Klassenfahrt – Was ist erlaubt?“ und „Klassenfahrt und Alkohol: Der Albtraum für Lehrer?“ erläutern wir das Problemfeld genauer und zeigen Handlungsmöglichkeiten auf.
Laut Hoegg gibt es insbesondere fünf Gründe, die den Ausschluss von einer Klassenfahrt rechtfertigen:
- Starker Alkoholkonsum
- Drogenbesitz oder -konsum
- Aufenthalt im Zimmer des anderen Geschlechts während der Ruhezeit
- Unerlaubtes Verlassen der Unterkunft
- Körperliche Gewalt gegen Mitschüler (oder Lehrer)
Was muss beachtet werden, um einen Schüler auszuschließen oder nach Hause zu schicken?
Damit der Ausschluss von der Klassenfahrt juristisch einwandfrei abläuft, sollten Lehrer einige Punkte beachten:
Die wichtigste Vorkehrung ist es, sich bereits im Vorfeld juristisch abzusichern und vor Antritt der Klassenfahrt eine schriftliche Erklärung („Elternbrief“) an die Erziehungsberechtigten bzw. die volljährigen Schüler auszuteilen. Darin werden die Eltern darüber informiert, dass ihre Kinder bei schwerer Disziplinlosigkeit bzw. Regelverstößen auf eigene Kosten vorzeitig von der Fahrt ausgeschlossen werden. Dieser Abschnitt sollte möglichst deutlich und umfassend formuliert sein, weil der Elternbrief einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Schule und Eltern bzw. volljährigem Schüler darstellt. Deshalb sollte dieser vor Gericht nicht anfechtbar sein.
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Zudem sollten Lehrer ihre Schüler und deren Eltern mündlich darüber informieren, welche konkreten Regeln und Konsequenzen bei Fehlverhalten gelten. Am besten berufen Lehrer minderjähriger Schüler einen Elternabend ein, bei dem sie deutlich machen, unter welchen Umständen Schüler die Klassenfahrt abbrechen müssen. Dabei gilt laut Hoegg: Lehrer sollten gegenüber den Eltern bzw. Schülern keine mündlichen Zugeständnisse machen. Wenn die Lehrkraft beim Elternabend beispielsweise sagt, dass das ein oder andere Glas Wein kein Problem sei, kann diese Aussage bereits vor Gericht verwendet werden. Besser ist es, Konsequenzen für jeglichen Verstoß anzukündigen, um die Schüler bereits im Vorfeld von Ausschweifungen abzuhalten.
Der Ausschluss von einer Klassenfahrt stellt in der Regel jedoch nur das letzte Mittel dar. Das bedeutet, dass Lehrer bereits im Vorfeld Verwarnungen und weniger drastische Maßnahmen gegen den Schüler verhängt haben. Diese sollten sie unbedingt aktenkundig machen, um sich später darauf berufen zu können. Das gilt auch für wiederholte Verstöße im Vorfeld vor der Klassenfahrt.
Wenn alle Verwarnungen und milden Strafen ins Leere führen und der Schüler trotz Verwarnung die Regeln bricht, wird der Ausschluss von der Klassenfahrt konkret. In diesem Fall müssen die begleitenden Lehrer sofort den Schulleiter kontaktieren – denn nur er kann den Ausschluss beschließen! Dass das Heimschicken durch betreuende Lehrkräfte „auf eigene Faust“ sogar rechtswidrig ist, bestätigte das Verwaltungsgericht München in einem Fall, in dem der Schulleiter über die Entscheidung lediglich informiert worden war:
„Die Anordnung, den Schüler heimzuschicken, hätte jedoch vom Schulleiter selbst erfolgen müssen und nicht von den Lehrern. Da der Schulleiter in der fraglichen Zeit erreichbar war, kommt nicht in Betracht, den Lehrern eine „Notkompetenz“ für die ergriffene Maßnahme zuzubilligen.“ – (Quelle)
Der Schulleiter muss also telefonisch den Ausschluss anordnen, auch wenn er selbst nicht vor Ort ist!
Wer übernimmt die Kosten für die Heimreise?
Muss ein Schüler frühzeitig nach Hause fahren, übernimmt er in der Regel selbst die Kosten für seine Heimreise. Diese Entscheidung sorgt natürlich oft für Ärger mit den Eltern, die die Kosten nicht übernehmen wollen. Günther Hoegg empfielt Lehrern, sich in einer solchen Situation nicht auf Diskussionen einzulassen, denn schließlich waren Eltern und Schüler über diese Regelung informiert und haben mit dem Unterzeichnen des Elternbriefs sogar schriftlich ihr Einverständnis dazu gegeben.
„Wenn die Eltern in einigen Stunden mit dem Wagen da sein können, spricht nichts dagegen, dass sie ihre Kinder abholen. Sollte jedoch wie bei unserer angenommenen Skifreizeit eine lange Fahrt erforderlich sein, so empfiehlt es sich, die Schüler in den Zug zu setzen. Ob eine Begleitperson dabei sein muss, hängt vom Alter der Schüler ab. (…) Da die Eltern schriftlich bestätigt haben, die Kosten des Rücktransports zu übernehmen, sind Sie auch in diesem Punkt auf der sicheren Seite.“ – Günther Hoegg: (Quelle)
Oft ist es für alle Beteiligten emotional und nervlich eine große Belastung, wenn beschlossen wird, einen Schüler frühzeitig nach Hause zu schicken. Daher scheuen sich viele Lehrer, diese Maßnahme überhaupt zu ergreifen. Doch besonders dann, wenn der Lehrer auf der Klassenfahrt genau eine Situation vorfindet, für die er vorher die Heimreise angedroht hat, sollte er nicht nachsichtig sein; denn eines muss klar sein: Wurde einmal ein Auge zugedrückt, kann diese Maßnahme auch später nicht mehr angewendet werden! Daher empfiehlt es sich, bereits vor Beginn der Klassenfahrt unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssprechung festzulegen und klar zu kommunizieren, für welches Verhalten die Heimreise gilt – und darin im Zweifelsfall auch konsequent zu bleiben!
Linksammlung
- Verwaltungsgericht Berlin: Website
- Günther Hoegg: „SchulRecht! für schulische Führungskräfte„, Beltz Verlag, 2011
- Süddeutsche: „Was dürfen sich Schüler auf der Klassenfahrt erlauben?“, 24.02.2016
- Deutsche Anwaltsauskunft Magazin: „Unterrichtsauschluss eines gewalttätigen Schülers„, 14.06.2015
- HEROLÉ-Blog: „Klassenfahrt und Alkohol: Der Albtraum für Lehrer?“
- HEROLÉ-Blog: „Zigaretten und Drogen auf Klassenfahrt – Was ist erlaubt?“
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