Gewalt an Schulen und auf Klassenfahrten
Wie häufig Gewalt auf Klassenfahrten vorkommt, wird leider nicht statistisch erfasst. Eine forsa-Umfrage im Auftrag des Verbands Erziehung und Bildung kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass Lehrer einen Anstieg der Gewaltfälle an Schulen wahrnehmen. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Schulform und Bundesland war mindestens die Hälfte der Befragten der Meinung, dass es vermehrt Aggressionen an Schulen gebe. Gleichzeitig meinten 57 Prozent der Befragten, dass das Thema tabuisiert werde.
Dabei kommt es nicht mehr ausschließlich zu gewalttätigen Vorfällen unter den Schülern. Auch Lehrer werden immer häufiger Ziel der Attacken. Die forsa-Umfrage zeigt, dass bereits sieben Prozent der befragten Pädagoginnen und drei Prozent ihrer männlichen Kollegen selbst körperlich angegriffen wurden.
Gewalt verhindern – Präventionsmaßnahmen ergreifen
Damit es auf der Klassenfahrt gar nicht erst zu Gewaltvorfällen kommt, sollten Lehrer bereits im Vorfeld die Initiative ergreifen und Schülern sowie deren Eltern gegenüber klar kommunizieren, dass jedes Fehlverhalten zu Konsequenzen führt. Die Einverständniserklärung zu Klassenfahrten sollte daher unbedingt einen Passus enthalten, dass Schüler bei schweren Regel- und Disziplinlosigkeiten auf eigene Kosten nach Hause geschickt werden können. Wichtig: Dieser Abschnitt muss möglichst deutlich und umfassend formuliert werden, weil der Elternbrief einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Schule und Eltern bzw. den volljährigen Schülern darstellt. Er sollte daher vor Gericht nicht anfechtbar sein. Um später mögliche Strafen für gewalttätige Schüler begründen zu können, sollten Lehrer zudem jegliche Regelverstöße auf Klassenfahrten dokumentieren. Dazu gehören auch weniger gravierende Vorfälle, die jedoch im Ernstfall vor Gericht deutlich machen, dass ein Schüler regelmäßig ein schwieriges Verhalten an den Tag gelegt hat.
Konsequenzen bei Gewalt auf Klassenfahrten – Diese Grundlagen gelten
Falls es trotz dieser Präventionsmaßnahmen zu Schlägereien oder anderen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Schülern kommt, sollten Lehrer die Schüler unbedingt auseinander bringen, ohne sich selbst zu gefährden. Im Zweifelsfall muss die Polizei gerufen werden. Bei der Aufarbeitung der Vorfälle drohen den schuldigen Schülern selbstverständlich Konsequenzen, damit sie ihr Verhalten im besten Fall reflektieren und nicht weiter auf die schiefe Bahn geraten. Doch welche Regeln gelten hier?
Die Schulgesetze der Länder regeln, welche Maßnahmen Lehrer bei Regelverstößen ergreifen dürfen. Sie unterscheiden grundsätzlich zwischen pädagogischen und Ordnungsmaßnahmen:
- Pädagogische Maßnahmen dienen der Erziehung von Schülern bei leichten Regelverstößen und unterliegen vor allem der Verantwortung der Lehrer. Dazu gehören zum Beispiel Gespräche mit Schülern und Eltern, Ermahnungen oder Zusatzaufgaben als Strafe für Fehlverhalten.
- Ordnungsmaßnahmen sind Verwaltungsakte und können daher von den Eltern vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Wenn ein Schüler zum Beispiel gewalttätig wird oder die Schulordnung anderweitig drastisch bricht, können Ordnungsmaßnahmen angewandt werden. Möglich sind zum Beispiel schriftliche Verweise, die Versetzung in eine Parallelklasse oder eben der Ausschluss von einer Klassenfahrt.
Welche Ordnungsmaßnahmen erlaubt sind und wer sie verhängen darf, hängt maßgeblich vom jeweiligen Bundesland und seinem Schulgesetz ab. In der nachfolgenden Liste haben wir die Abschnitte der Landesschulgesetze aufgeführt, die die Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen näher definieren:
- Baden-Württemberg: § 90 (Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen)
- Bayern: Art. 86 (Erziehungsmaßnahmen, Ordnungsmaßnahmen)
- Berlin: § 63 (Ordnungsmaßnahmen)
- Brandenburg: § 64 (Ordnungsmaßnahmen)
- Bremen: 46 (Ordnungsmaßnahmen)
- Hamburg: § 49 (Ordnungsmaßnahmen)
- Hessen: 82 (Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen)
- Mecklenburg-Vorpommern: § 62a (Ordnungsmaßnahmen)
- Niedersachsen: 61 (Erziehungsmittel, Ordnungsmaßnahmen)
- Nordrhein-Westfalen: 53 (Erzieherische Einwirkungen, Ordnungsmaßnahmen)
- Rheinland-Pfalz: 53 (Schul-, Prüfungs- und Heimordnungen)
- Saarland: 32 (Ordnungsmaßnahmen)
- Sachsen: 39 (Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen)
- Sachsen-Anhalt: § 44 (Ordnungsmaßnahmen)
- Schleswig-Holstein: 25 (Maßnahmen bei Konflikten mit oder zwischen Schülerinnen und Schülern)
- Thüringen: § 51 (Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen)
Lesetipp
Bei ernsthafter Gewalt bleibt Lehrern im Grunde nichts Anderes übrig, als zu Ordnungsmaßnahmen wie dem Ausschluss von der Klassenfahrt zu greifen. Dabei sollten sie unbedingt darauf achten, dass sie die im Schulgesetz vorgesehenen Regeln beachten, damit die Entscheidung nicht vor Gericht angreifbar ist. Einen Ausschluss von der Klassenfahrt kann beispielsweise nur der Schulleiter beschließen. Die Begleitpersonen der Schülergruppe müssen ihn daher sofort kontaktieren.
Lesetipp
Psychische Gewalt: Mobbing bei Klassenfahrten
Noch weiter verbreitet als Gewalt dürfte Mobbing auf Klassenfahrten sein. Wenn Lehrer bereits wissen, dass es in einer Klasse potenzielle Mobbing-Opfer gibt, sollten sie auf diese unbedingt ein Auge behalten. Die betroffenen Schüler sollten das Gefühl haben, dass sie jederzeit zum Lehrer kommen können und dieser ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Bei eindeutigen Vorfällen gilt eine „Null Toleranz“-Politik: Andernfalls entwickeln die Täter das Gefühl, dass die Aufsichtspersonen ihr Verhalten indirekt gutheißen.Lesetipp
Linksammlung
- Umfrage: Forsa
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