Glaubensgerechte Ernährung auf Klassenfahrten
Wenn auf einer Klassenfahrt gemeinsames Essen in der Jugendherberge geplant ist, sollten sich Lehrer zuvor nach den Bedürfnissen der Schüler erkundigen: Sind Jugendliche in der Klasse, die aus religiösen Gründen einige Lebensmittel nicht essen? Zwar gibt es im Christentum nur wenige Speisegesetze wie den Fleischverzicht am Freitag, an den sich faktisch nur wenige Christen halten. Doch in anderen Religionen wie dem Islam und dem Judentum sind solche Regeln für viele Gläubige wichtig.
Muslimische Speisegesetze
Sind Lebensmittel als „halal“ gekennzeichnet, können sich Muslime darauf verlassen, dass diese nach den Regeln des Korans „erlaubt“ sind. Strenggläubige Muslime essen Rindfleisch und Geflügel nur dann, wenn dieses halal geschlachtet wurde, Schweinefleisch ist hingegen generell verboten. Milchprodukte wie Käse sind nur dann erlaubt, wenn der verwendete Lab von halal geschlachteten Kälbern stammt. Um Konflikte zu vermeinden, sollten Lehrer vor Antritt der Reise daher nachfragen, ob sich die muslimischen Schüler eine räumliche Trennung beim Kochen wünschen.
Wenn Klassenfahrten im Sommer geplant sind, sollten sich Klassen mit muslimischen Schülern vorher unbedingt mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan auseinandersetzen. In dieser Zeit dürfen Muslime, abgesehen von Kranken und Schwangeren, nach bzw. vor Sonnenaufgang nicht essen, trinken und rauchen. Gerade bei warmen Temperaturen vermeiden Fastende deshalb nach Möglichkeit körperliche Anstrengungen, weil der Verzicht auf Flüssigkeiten anstrengend ist. Wenn eine Klasse mit muslimischen Schülern während des Ramadan auf Klassenfahrt fährt, sollten sich der betroffene Schüler und die Lehrer vorher am besten zusammensetzen. Gemeinsam können sie klären, ob der Schüler auf besonders anstrengende Programmpunkte verzichten möchte und sich gegebenfalls selbst vor Sonnenaufgang verpflegt.
Jüdische Speisegesetze
Jüdische Speisegesetze ähneln in einigen Punkten den muslimischen Regeln. Juden, die auf eine koschere Ernährung achten, verzichten ebenfalls auf Schweinefleisch. Auch einige Fischarten gelten als verboten. Andere Fleischarten und Alkohol sind erlaubt, so lange diese koscher sind. Wenn jüdische Kinder in der Schulklasse sind, die sich koscher ernähren möchten, ist eine gute Küchenplanung ratsam: Da im Judentum Fleisch und Milchiges nicht zusammen gekocht und verspeist werden dürfen, ist eine Trennung der Küchenbereiche nötig. Im koscheren Bereich der Küche sollte es einen separaten Bereich für die Zubereitung von Fleisch, Milchigem und Parvedigen (nicht-fleischig, nicht-milchig) geben. Strenggläubige Juden haben für jeden Bereich separates Geschirr und Besteck. Eine solche Einteilung kann sich in einer Hostel-Küche als schwierig erweisen. Daher sollten Lehrer vor Antritt der Klassenfahrt am besten das Gespräch mit dem betroffenen Schüler und seinen Eltern suchen und fragen, wie die Familie die Speisegesetze unterwegs handhabt bzw. wie sie erfahrungsgemäß am besten einzuhalten sind.
Viele muslimische oder jüdische Familien melden sich nicht aus eigenem Antrieb und machen sich vor Beginn der Klassenfahrt möglicherweise Sorgen, ob ihre Kinder die Speisegesetze auf der Klassenfahrt einhalten können. Ihnen sollten Lehrer und die Begleitpersonen am besten die Sorgen nehmen und ihnen das Gefühl vermitteln, dass die Bedürfnisse der gläubigen Schüler von der gesamten Klasse ernstgenommen werden.
Eine Übersicht über die verschiedenen Speiseregeln der Weltreligionen hat die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale hier zusammengestellt.
Religiöse Vorbehalte gegen Klassenfahrten
In der Vergangenheit haben immer wieder Fälle Schlagzeilen gemacht, bei denen vor allem muslimische Eltern ihren Kindern die Teilnahme am Schwimmunterricht oder an Klassenfahrten verboten haben. Klassenfahrten sind für die große Mehrheit der Muslime natürlich kein Problem. Doch Einzelfälle können Lehrer verunsichern und stellen mit Sicherheit eine Herausforderung dar: Die Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen ist für Schüler zwar wichtig, doch gleichzeitig muss natürlich die Religionsfreiheit der Schüler beachtet werden. Damit es hier nicht zu schweren Konflikten innerhalb der Klasse kommt, sollten sich Lehrer und die betroffenen Schüler bzw. deren Familien zusammensetzen. Oft haben muslimische Familien die Erfahrung gemacht, dass ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen werden und verstecken sich daher lieber hinter einem pauschalen Verbot, das zulasten des Kindes geht.
Aus den Empfehlungen zu religiös begründeten schulpraktischen Fragen des Bundesinnenministeriums und der Deutschen Islam Konferenz geht hervor, dass grundsätzlich kein Anspruch auf eine Befreiung von einer Klassenfahrt besteht. Schulen müssen bei der Schulveranstaltung aber auf die religiösen Bedürfnisse der einzelnen Schüler achten – wenn diese nicht eingehalten werden können, kann sich daraus im Einzelfall ein Anspruch auf Befreiung von der Fahrt ergeben.
Damit es nicht so weit kommt, sollten sich Lehrer und Schüler darauf besinnen, was das Ziel einer Schulfahrt ist: Sie soll den Zusammenhalt der Klasse stärken und bestenfalls die Integration der Schüler unterstützen. Deshalb sollten Lehrer aktiv auf Eltern zugehen, die ihren Kindern die Teilnahme an einer Klassenfahrt verbieten wollen. In einem neutralen Gespräch mit den Eltern und Schülern können Lehrer erfahren, welche Ängste und Sorgen bestehen. Viele Probleme lassen sich im Voraus aus der Welt schaffen: Die Lehrer können zum Beispiel versichern, dass sie die strenge Trennung von Mädchen- und Jungenschlafzimmern einhalten werden und auch getrennte Duschmöglichkeiten bestehen. Auch auf die oben beschriebene Einhaltung der Speisegesetze sollte die Klasse Rücksicht nehmen. Zusätzlich können Lehrer den Eltern das Programm vorstellen und ihnen auf diese Weise Sicherheit geben, dass die geplanten Veranstaltungen harmlos sind. Werden bei einer Klasse der jüngeren Jahrgangsstufen grundsätzlich Begleitpersonen benötigt, können Lehrer den Erziehungsberechtigten des betroffenen Jugendlichen auch anbieten, selbst mitzufahren und sich auf diese Weise einen Eindruck zu verschaffen. In jedem Fall sollten die Schulleitung und Lehrer den Familien das Gefühl vermitteln, dass ihre Bedürfnisse genauso zählen wie die aller anderen Schüler – andernfalls leidet das Schulklima und religiöse Minderheiten fühlen sich nicht aufgenommen!
Eine Handreichung zu religiösen schulpraktischen Fragen vom Bundesinnenministerium und der Deutschen Islam Konferenz findet sich hier.
Verhaltensregeln in Gotteshäusern
Nicht nur innerhalb der Klasse sollten religiöse Unterschiede beachtet werden. Auch auf der Klassenfahrt ist es wichtig, dass sich die Schüler respektvoll gegenüber religiösen Gefühlen verhalten und sich zum Beispiel in den Gotteshäusern entsprechend verhalten. Vor dem Besuch einer Kirche, Moschee oder Synagoge sollten die Schüler auf die Verhaltensregeln hingewiesen werden:
Besonders in katholisch geprägten Ländern wie Italien oder Spanien achten Christen darauf, dass Besucher nicht zu leicht bekleidet das Gotteshaus betreten. In der Regel weisen Hinweisschilder auf diese Regel hin, doch wer im Top vor dem Kircheneingang steht, kann wenig an seiner Kleidung ändern. In Italien und Spanien gilt grundsätzlich, dass Männer Hosen tragen sollten, die mindestens die Knie bedecken. Frauen sollten bestenfalls die Schultern bedecken. Sollten sie ein Top tragen, können sie ihre Schultern mit einem leichten Tuch bedecken. In orthodoxen Kirchen und Klöstern in Griechenland müssen Schultern und Knie bedeckt werden – diese Regeln gilt für beide Geschlechter.
Moscheen
Schon vor dem Betreten einer Moschee sollten alle Besucher aus Respekt ihre Schuhe ausziehen und diese vor der Tür stehen lassen. Wenn gerade Gläubige im Gotteshaus beten, sollten Gläubige nicht mit lauter Stimme sprechen und sie stören. Besonderer Respekt gebührt dem Koran – Besucher sollten ihn deshalb auf keinen Fall achtlos berühren. Frauen tragen am besten einen langen Rock oder Hosen und sollten ihre Haare bedecken.
Synagogen
Besonders Jungen und Männer müssen in einer Synagoge auf ihre Kleidung achten. Auch nicht-jüdische Besucher müssen in einer Synagoge ihren Kopf bedecken. Es ist natürlich nicht notwendig, dass sich die Schüler selbst eine Kippa, das traditionelle Käppchen, kaufen. Die meisten Gemeinden sind auf Besucher vorbereitet und bieten Kippas zum Kauf oder Verleih an. Wichtig: Anstelle einer Kippa sind zwar Hüte und Mützen erlaubt, nicht jedoch Baseball-Caps oder Helme!
Grundsätzlich sollten sich die Schüler auch in einer Synagoge mit knapper Kleidung wie Shorts und Spaghetti-Tops zurückhalten. In orthodoxen Gemeinden werden Hosen bei Frauen nicht immer gerne gesehen. Arme und Beine sollten jeweils bis zu den Ellbogen bzw. den Knien bedeckt sein. Damit keine religiösen Fettnäfchen auftreten, sollten sich Klassen am besten vor Beginn der Klassenfahrt nach den Traditionen erkundigen.
Gesten im Ausland
Wer sich vor Beginn einer Auslandsreise nicht informiert, kann schnell in Verlegenheit geraten. Nicht nur die Religion ist ein Minenfeld, auf dem man schnell in ein Fettnäpfchen geraten kann. Auch mit Gesten, die hierzulande normal sind, macht man sich in den Nachbarländern schnell unbeliebt. Das gilt zum Beispiel für das beliebte Victory-Zeichen, das aus einem gespreiztem Zeige- und Mittelfinger besteht, das international unterschiedliche Bedeutungen besitzt. Wer das V-Zeichen auf der Klassenfahrt in Großbritannien, Malta und Australien zeigt, beleidigt sein Gegenüber damit non-verbal. Die Geste kann unter Umständen sogar beleidigender wirken als der ausgestreckte Mittelfinger.
Gleiches gilt für das deutsche „Okay“-Zeichen, bei dem Daumen und Zeigefinger einen Kreis bilden. Diese Geste stellt auf Klassenfahrt in Griechenland, Russland und der Türkei eine Schmähung dar. Auf Klassenfahrt in Belgien, Frankreich und Tunesien signalisieren die Menschen damit sogar, dass sie ihr Gegenüber für eine Null halten. Damit keine Peinlichkeiten auftreten, sollten sich Klassen im Vorfeld über solche kulturellen Unterschiede informieren oder sich im schlimmsten Fall entschuldigen, falls sie doch in ein Fettnäpfchen tappen.
Länderspezifische Fettnäpfchen
In vielen Ländern gibt es spezielle Regeln, die man als Außenstehender nur schwer kennen kann. Italien hat angesichts der vielen Touristen an den Stränden zum Beispiel spezielle Regeln für das Verhalten am Strand aufgestellt: Kleidungsstücke dürfen zum Beispiel nicht wild am Strand verteilt werden, Ballspielen ist nur in ausgewiesenen Bereichen erlaubt und Urlauber sollten sich nicht direkt an die Meereslinie legen, damit alle freie Sicht auf das Meer haben. Auch regionale Besonderheiten sollten Urlauber beachten: Auf Klassenfahrt in Barcelona sollten Schüler:innen zum Beispiel besser nicht im Strand-Outfit durch die Innenstadt spazieren. Ein noch größeres No-Go ist es, die dort lebenden Katalanen als Spanier zu bezeichnen.
Für viele Länder gibt es jedoch spezifische Fettnäpfchen-Guides, die auf mögliche Peinlichkeiten hinweisen. Wer sich mit diesen Regeln beschäftigt und kulturelle Unterschiede im Ausland und in seinem privaten Umfeld respektiert, darf sich auf eine entspannte und lehrreiche Reise freuen!
Linksammlung
- Herolé-Blog: Andere Länder, andere Sitten! – Umgangsformen auf Reisen
- Focus: Tipps für gute Kommunikation
- Berliner Zeitung: Mit diesen Fettnäpfchen blamieren Sie sich im Ausland richtig
Bildnachweis
- Titelbild: Poznyakov/Shutterstock.com
- Ernährung: William Perugini/ Shutterstock.com
- Kathedrale: Shutterstock