Zeitmanagement und Resilienz
Für viele Berufseinsteiger ist der Vorbereitungsdienst eine kalte Dusche. Sie stellen fest, dass die Universität letztendlich doch viel graue Theorie vermittelt hat, aber kaum handfeste Tipps für den Berufsalltag. So fühlen sich viele dann schnell mit langen Arbeitstagen zwischen Unterricht, Besprechungen mit dem Mentor und der Vorbereitung auf die Lehrproben überfordert. Stress und Überforderung führen nicht selten zu Angstzuständen und dem Gedanken: Was, wenn ich mir den falschen Beruf ausgesucht habe? Das muss nicht sein.
Langfristige Planung
Nutzen Sie die Zeit vor dem eigentlichen Start des Vorbereitungsdienstes für langfristige Planungen. Überlegen Sie sich Unterrichtskonzepte und Strukturen. Natürlich müssen Sie diese noch einmal anpassen, wenn Sie wissen, welche Klassen Sie unterrichten werden. Doch ein bereits vorhandenes Grundgerüst macht dies wesentlich leichter.
Ordnung ist bekanntlich das halbe Leben. Kaufen Sie einen Stapel Aktenordner für Ihre Unterlagen. Legen Sie für jede Klasse einen eigenen Ordner an. Weitere Ordner sind für Ihre Seminarinhalte, das Schulamt und private Dinge wie Ihre Versicherungen. Eine vergleichbare Struktur legen Sie auch digital mit übersichtlich benannten Ordnern an.
Die tägliche Arbeit planen
Für Studierende ist es relativ normal, bis spätabends gemeinsam zusammen zu sitzen, Spätvorstellungen im Kino zu besuchen oder zu feiern. Die Vorlesung am nächsten Morgen lässt sich auch übermüdet noch durchstehen. Im Vorbereitungsdienst ist dies anders. Sie müssen morgens um acht Uhr hellwach vor der Klasse stehen. Machen Sie sich darauf gefasst, Ihren Tagesablauf radikal ändern zu müssen. Verzichten Sie auch darauf, bis spät in die Nacht hinein übermotiviert an der Unterrichtsvorbereitung zu arbeiten. Sie werden den Tag an der Schule so gerade noch durchstehen, um nach der Heimkehr nachmittags auf dem Sofa zu schlafen. Dann müssen Sie wieder spätabends arbeiten, um überhaupt etwas zu schaffen. Schon beginnt ein Teufelskreis.
Wenn Sie am späten Nachmittag (idealerweise) die Vorbereitung auf den nächsten Schultag beendet haben, packen Sie auch gleich die Tasche. Legen Sie sich abends die Kleidung für den nächsten Tag zurecht. Je weniger Sie morgens früh noch auf den letzten Drücker erledigen müssen, umso entspannter starten Sie in den Tag.
Was gehört zur persönlichen Ausstattung?
Im Klassenzimmer sind viele Kleinigkeiten Mangelware. Sie planen ein tolles Schaubild mit roten, grünen und blauen Folienschreibern, doch es ist nur ein grüner Stift da und der ist halb eingetrocknet – schon steigt der Stresspegel. Bringen Sie lieber mit, was Sie im Unterricht benötigen könnten:
- Stifte für verschiedene Materialien (Papier, Folien, Magnettafeln)
- Magnete zum Aufhängen von Bildern
- Kreide für die normale Tafel
- Klarsichthüllen für einzelne Papiere
- Taschentücher
- Halsbonbons
- eine Flasche Wasser
Daneben kann es nicht schaden, wenn Sie ein-zwei leere Schulhefte und Kugelschreiber auf Vorrat in der Tasche haben. Früher oder später wird sich ein Schüler bei Ihnen melden, er könne leider nicht mitarbeiten, weil er seine Stifte vergessen habe oder das Heft voll ist.
Tipp: Der Referendariatsplaner hilft Ihnen bei der Selbstorganisation. Er bietet Tipps und Tricks, einen Kalender und verschiedene Möglichkeiten für Notizen von To-do-Listen bis zu Sitzplänen.
Digitales Know-How sammeln
Die Digitalisierung der Schulen hat sich in den letzten Jahren zum großen Reizthema entwickelt. Gerade von jungen Referendaren wird schnell erwartet, dass sie technisch bewandert sind. Schüler hoffen sogar darauf. Überlegen Sie bei der Unterrichtskonzeption also, wie Sie digitale Medien einsetzen können, zum Beispiel in Form von kurzen Videos und Podcasts aus dem Internet. Informieren Sie sich darüber, welche technische Ausstattung in Ihrer Schuler zur Verfügung steht, zum Beispiel ob die Schüler mit Tablets arbeiten und/oder ob die Klassenzimmer mit Whiteboards ausgestattet sind. Zahlreiche Tipps und Ideen zur digitalen Unterrichtsgestaltung finden Sie auf diesen Seiten. Hatten Sie im Studium noch keine Gelegenheit mit modernen digitalen Medien wie dem Whiteboard zu arbeiten? Bitten Sie Ihren Mentor oder eine Fachlehrkraft um eine kurze Einführung, damit Sie sich damit vertraut machen können.
Auszeiten nicht vergessen
Stress ist ganz normal und Sie werden ihn nicht komplett vermeiden können. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich nach einem stressigen Tag erholen können. Sorgen Sie abends dafür, dass Ihnen zwei-drei Stunden Zeit zum Abschalten bleibt. Ein leckeres Abendessen mit dem Partner/der Partnerin oder den WG-Mitbewohnern, ein-zwei Folgen der Lieblingsserie auf dem Sofa oder abtauchen in ein mitreißendes Computerspiel helfen Ihnen dabei, Abstand von der Schule zu gewinnen. Vernachlässigen Sie Ihre liebsten sportlichen Aktivitäten nicht, ganz gleich, ob Sie am liebsten alleine Ihre Joggingrunde drehen oder zweimal pro Woche mit anderen Volleyball spielen.
Einen Tag pro Woche sollten Sie komplett schulfrei haben. Widmen Sie sich liegengebliebenen Alltagsdingen wie dem Hausputz, rufen Sie Ihre Eltern an und planen Sie etwas Schönes mit guten Freunden, zum Beispiel einen Konzert- oder Kinobesuch. Sie haben es sich nicht nur verdient, diese Auszeiten sind überlebenswichtig, damit Sie montags mit aufgeladenem Akku in die Schule zurückkehren können.
Der Umgang mit Ängsten und Sorgen
Psychischer Druck und Ängste bleiben im Referendariat selten aus. Sie fürchten sich davor, den Anforderungen ganz allgemein nicht gerecht zu werden oder vielleicht konkret vor einer bestimmten „Problemklasse„. Halten Sie sich dabei stets vor Augen: Sie sind nicht alleine. Suchen Sie den Austausch mit anderen Referendaren, zum Beispiel in Ihrem Seminar. Auch online finden Sie zahlreiche Anlaufstellen, die zugleich den Vorteil der Anonymität bieten. Holen Sie sich Feedback und Hilfe von anderen in einem Forum für Referendare oder in den Sozialen Medien, zum Beispiel bei ReferendarTipp auf Facebook. In Ihrem Seminar finden Sie häufig auch professionelle Hilfsangebote für Einzelberatungsgespräche und Coaching. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Seminarleiter danach zu fragen.
Probleme mit der Mentorin/dem Mentor
Im Idealfall ist die Mentorin/der Mentor an Ihrer Schule eine wertvolle Unterstützung. Allerdings kann es auch vorkommen, dass Sie sich ausgerechnet mit dieser Person nicht gut verstehen. Möglicherweise verfolgen Sie unterschiedliche Bildungsansätze oder die Chemie stimmt auf persönlicher Ebene nicht. Bemühen Sie sich um ein klärendes Gespräch. Ganz wichtig dabei: Bitten Sie um konstruktive Kritik. Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie hören, dass „Ihr Umgang mit den Schülern schlecht sei“. Bitten Sie um konkrete Beispiele und konkrete Ratschläge, was Sie besser machen können. Seien Sie offen für diese Ratschläge. Ihr/e Mentor/in mag nicht über die allerneuesten didaktischen Ansätze informiert sein, die Sie an der Universität begeistert aufgenommen haben, doch dafür verfügt sie/er über lange Jahre Berufserfahrung. Klappt die Kommunikation so gar nicht, suchen Sie Rat bei Ihrer Seminarleitung. Vielleicht ist es möglich, einen anderen Mentor zur Seite gestellt zu bekommen oder im schlimmsten Fall die Schule zu wechseln.
Aufmüpfige Schüler
Machen Sie sich eines von Anfang an deutlich: Sie können niemals von allen Schülern geliebt werden. Einige mögen Ihre Art toll finden und Ihnen herzliche Zuneigung entgegenbringen, andere werden Sie dagegen „doof“ finden. Hier hilft nur ein dickes Fell. Denken Sie an Ihre eigene Schulzeit zurück: Auch Sie fanden sicher einige Lehrer unsympathisch, die bei anderen Schülern beliebt waren und umgekehrt. Machen Sie sich nicht verrückt damit, unbedingt bei allen beliebt zu sein. Seien Sie aber auch offen für Kritik. Sie können sich nicht selbst ändern, Ihren Unterricht aber schon. Fühlen sich die Schüler zum Beispiel von Ihrem mit Themen überfrachteten Unterricht überfordert, schalten Sie zwei Gänge zurück. Sie mögen voller Leidenschaft für das alte Rom brennen und Ihren Cicero von ihrem Seneca unterscheiden können, doch die Schüler wissen oft nicht einmal wer Julius Caesar war.
Ärger mit den Eltern
Schon für langjährige Lehrkräfte sind Elterngespräche eine Herausforderung. Für Referendare ist der Gedanke manchmal regelrecht beängstigend, vor allem bei Eltern, die von oben herab auf die noch jungen unerfahrenen Lehrkräfte blicken. Sie müssen Eltern während der Vorbereitungszeit nicht alleine gegenüber treten. Lassen Sie sich von Ihrem Mentor begleiten oder einer Fachlehrkraft. Wissen Sie, was Sie erwartet – zum Beispiel die Beschwerde der Eltern über eine ihrer Ansicht nach ungerechte Benotung – bereiten Sie sich mit sachlichen Argumenten auf das Gespräch vor. Seien Sie aber auch offen für die Sorgen der Eltern. Machen Sie klar, dass Sie eigentlich auf der gleichen Seite stehen: Sie wollen das Beste für die Schüler.
Tipp: Versuchen Sie Eltern so häufig wie möglich in einem eher entspannten Umfeld zu begegnen, zum Beispiel beim Elternabend oder bei Schulveranstaltungen. So lernen Sie mit verschiedenen Elterntypen umzugehen.
Lesetipp
Linksammlung
- Persönliche Ausstattung: Referendariatsplaner
- Tipps und Ideen : Digitale Unterrichtsgestaltung
- Feedback und Hilfe: Forum für Referendare ; Referendartipps
- Lesetipp: Süddeutsche Zeitung
Bildnachweis
- Titelbild: Künstlername / Shutterstock.com
- Materialien zur Ausstattung: Tim Gouw / Unsplash
- Lehrerin vor dem Whiteboard : Monkey Business Images / shutterstock
- Referendar vergräbt sein Gesicht in die Hände : Christian Schwier stock.adobe.com
- Schüler sitzen provokant am Tisch: NeONBRAND / Unsplash