Ein rücksichtsvollerer Umgang mit der Erde und die Schonung ihrer Ressourcen gehen uns alle an. Die Berichterstattung in den Medien bleibt jedoch häufig abstrakt. Was soll CO2-Fußabdruck schon heißen? Vielfach ist die Debatte in den Medien auch stark von Ideologien geprägt. Der Schulunterricht kann wertvolle Beiträge zum besseren Verständnis leisten. Dies beginnt bei der Einleitung zu seriöser Recherche im Internet und führt über sachliche Diskussionen bis zu naturwissenschaftlichen Experimenten und Workshops bei Tagesausflügen und Klassenfahrten.
Einige Beispiele für die praktische Integration von BNE-Themen in der Schule:
BNE im Physik-Unterricht
Die Naturwissenschaft Physik widmet sich den Phänomen der Natur. Dazu gehört beispielsweise der Themenkomplex Energie: Welche Energieformen gibt es und wie wandelt sich Energie? Schon in der Unterstufe lernen Schüler meist einfache Stromkreise mit Hilfe einer Batterie herzustellen. Energie spielt natürlich auch eine große Rolle in der heutigen Debatte um Nachhaltigkeit. Was sind fossile Energieträger und warum sind sie so schädlich? Welche Vorteile haben moderne, nachhaltige Energieträger und wie funktionieren sie?
In einer Diskussionsrunde können die Schüler beispielsweise über die Vor- und Nachteile der Windkraft diskutieren oder die Problematik des Kohleausstiegs. Möglicherweise kann die Unterrichtseinheit mit dem Besuch eines Kraftwerks in der Region und/oder einem Workshop zum Thema Energieerzeugung in einem Science Center kombiniert werden.
Als Denkanstoß für die Schüler: Wie viel Energie muss für die heutige digitalisierte vernetzte Welt erzeugt werden und wie kann jeder einzelne zum Energiesparen beitragen? So dürfte den wenigsten Schülern klar sein, dass die gerade bei jungen Leuten enorm beliebten Streaming-Plattformen wie Youtube, Netflix und Spotify jährlich viele Milliarden Kilowattstunden Strom verbrauchen und damit einen hohen CO2-Fußabdruck erzeugen.
BNE im Biologie-Unterricht
Die Naturwissenschaft Biologie widmet sich den Lebewesen und spielt bei der Bildung für nachhaltige Entwicklung eine wichtige Rolle. Jeder hat schon einmal vom Artensterben und der Bedrohung der Biodiversität gehört, doch meist bleibt es bei abstrakten Begriffen. Der Biologie-Unterricht ist ideal geeignet, um schon jüngeren Schülern verschiedene Lebensräume vom tropischen Dschungel bis zum ewigen Eis der Arktis nahezubringen.
Dabei wird schnell deutlich wie stark diese Lebensräume bedroht sind: Durch den Klimawandel schmilzt das Eis in Arktis und Antarktis zu schnell wie nie zuvor. Zugleich steigt dadurch der Meeresspiegel und bedroht Küstenregionen. Tropische Dschungel werden dagegen vor allem durch Abholzung bedroht. Tagtäglich verschwinden weltweit pro Minute rund 30 Fußballfelder Regenwald. Zahllose Tiere und Menschen verlieren ihren Lebensraum – weil immer mehr Platz für die Landwirtschaft benötigt wird.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die weltweiten Ökosysteme lassen sich anschaulich bei Ausflügen zu Science Centern wie dem Klimahaus Bremerhaven oder der Klima Arena in Sinsheim erleben oder auch bei einer geführten Wanderung durch ein Naturschutzgebiet in der Nähe der Schule.
Als Denkanstoß für die Schüler: Wie trägt jeder einzelne dazu bei, dass der Regenwald verschwindet und wie kann gegengesteuert werden? Stichwort Soja als Viehfutter, weil die weltweite Nachfrage nach Fleisch immer weiter steigt oder Palmöl als Bestandteil unzähliger Nahrungsmittel.
BNE im Chemie-Unterricht
Chemikalien und Kunststoffe spielen eine große Rolle in der heutigen Gesellschaft. Plastik und Mikroplastik haben einen wesentlichen Anteil an der Verschmutzung der Weltmeere und dem Artensterben. Der Chemieunterricht ist ideal geeignet, um den Schülern diese Problematik zu vermitteln. Sie lernen verschiedene Kunststoffe wie PVC und PET kennen und erfahren, welche Einflüsse sie auf die Umwelt haben.
Natürlich sollen auch Alternativen aus dem Bereich der nachhaltigen Chemie vorgestellt werden. Auch hier bietet sich als praktische Ergänzung der Besuch eines Science Centers oder Schülerlabors an. Eine Klassenfahrt an die deutschen Küsten verdeutlicht eindringlich das Mikroplastik-Problem der Meere.
Als Denkanstoß für die Schüler: Wie viel trägt jeder einzelne durch sein tägliches Verhalten zur Entstehung von Plastikmüll bei? Stichwort Einweg-Kaffeebecher und Einweg-Plastikflaschen. Alleine in Deutschland werden stündlich rund 140.000 Plastikbecher für den trendy Coffee-to-go verbraucht.
BNE im Mathematik-Unterricht
Wie kein anderes Schulfach ist Mathematik dem Vorwurf ausgesetzt, keinen Bezug zum Alltag der Schüler zu haben. Dies liegt vor allem daran, dass es meist bei abstrakten Formeln bleibt. Durch den Einbezug von BNE im Mathematik-Unterricht lässt sich eine Brücke zu Themen bauen, die die Schüler wirklich interessiert.
So können die Schüler je nach Alter im Internet Daten recherchieren und diese mathematisch in Form von Diagrammen und Tabellen auswerten. Sie können den Stromverbrauch eines Haushaltes anhand der vielen genutzten Geräte (auch im Standby-Modus) ausrechnen und dies auf eine ganze Stadt oder ein ganzes Land hochrechnen. Schüler begreifen, dass es ohne mathematische Berechnungen nicht möglich wäre, Statistiken und Prognosen zum Energieverbrauch für die nächsten Jahre zu erstellen.
BNE im Geographie-Unterricht
Erdkunde ist als Schulfach in den letzten Jahren zunehmend ins Hintertreffen geraten. Dabei ist es hervorragend geeignet, um globale Zusammenhänge zu vermitteln. Die geografischen Gegebenheiten beeinflussen die Wirtschaft eines Landes und seinen globalen Handelns. So profitieren einige Nationen enorm von ihren natürlichen Ressourcen wie Erdöl oder Erdgas, während andere Nationen ohne Bodenschätze auf andere Wirtschaftszweige wie Dienstleistungen setzen müssen.
Doch bringen Rohstoffe nicht immer Wohlstand und Vorteile: Schüler können sich beispielsweise mit den Schattenseiten des Rohstoffreichtums in Afrika beschäftigen, von denen lediglich ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert. So verfügt Nigeria über die elftgrößten Ölreserven der Welt und ist größter Energie-Exporteur Afrikas. Doch im Land selbst müssen die meisten Menschen ohne Strom auskommen, weil sie sich nicht einmal den Diesel für Generatoren leisten können.
Lesetipp
BNE in Politik/Sozialwissenschaften
Globalisierung, Digitalisierung, Migration: Die weltweite Politik steht vor zahlreichen großen Aufgaben. Im Schulunterricht ist es nicht leicht, diesen komplexen Themen gerecht zu werden. Dabei bietet sich gerade die Fächer Politik und Sozialwissenschaften für BNE-Fragen an. So gilt die Überbevölkerung mittlerweile als eines der drängendsten Probleme der Welt. Sind wir wirklich zu viele oder sind die Ressourcen nur viel zu schlecht verteilt?
Daraus lassen sich zahlreiche Diskussionen ableiten, zum Beispiel über die kulturellen und religiösen Ursprünge der Überbevölkerung, der schwere Stand der Frauen in vielen Kulturen und die noch immer fehlende Geschlechtergerechtigkeit. Schüler erfahren, wie (schlecht) es um die Bildung in den Entwicklungsländern bestellt ist und wie viele Gleichaltrige weltweit von Armut betroffen sind.
Weitere Themen in diesem Zusammenhang könnte die Migration und ihre Ursachen sein. Möglicherweise gibt es Schüler in der Klasse, die selbst in den letzten Jahren nach Deutschland eingewandert sind und die über die Beweggründe der Familie, die Heimat zu verlassen, sprechen. Dies trägt nicht zuletzt zum Abbau von Vorurteilen gegen sogenannte Wirtschaftsmigranten bei, denen oft jede Lebensgrundlage in der Heimat genommen wurde.
BNE Reisen
Um das Bewusstsein für die Umwelt auch in den Alltag der Schüler zu integrieren und sie auf die Entwicklung aufmerksam zu machen, haben wir Klassenfahrten mit dem Schwerpunkt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ konzipiert.
Gratis Download
BNE im Englisch-Unterricht
Englisch hat sich längst als globale Weltsprache etabliert. Doch auch hier fehlt vielen Schülern zwischen Shakespeare und Songtexten der Beatles ein Bezug zur Lebensrealität. Schüleraustauschprogramme mit Großbritannien finden immer seltener statt und im Alltag dominieren deutschsprachige Musik und auf Deutsch synchronisierte Filme und Serien. Hier kann der Englischunterricht einen wertvollen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten und zugleich Alltagsbezüge herstellen: Schüler recherchieren online englischsprachige Quellen zu BNE-Themen und informieren sich über Aktionen in anderen Ländern.
Idealerweise können sogar Kontakte zu internationalen Organisationen hergestellt werden. Die Schüler werden Englisch gleich als viel lebendiger empfinden, wenn sie sich in dieser Sprache mit Gleichaltrigen per Zoom oder Skype austauschen können. Ein Gespräch mit einer jungen Näherin, die in Bangladesch für einige Cent die „Fast Fashion“ der deutschen Schülerinnen zusammennäht, könnte beispielsweise einen Sinneswandel beim Thema Shopping herbeiführen, vor allem, wenn das Thema unterstützend auch in anderen Fächern behandelt wird. Hier bieten sich zum Beispiel Biologie (Stichwort Ressourcenverschwendung) und Politik (Stichwort Globaler Handel) an.
Vielfältige Inspiration und zahlreiche Lehrmaterialien für unterschiedliche Fächer und Altersgruppen hält das deutsche BNE-Portal auf seinem Portal bereit oder auch das Lehrer-Online Portal.
Weitere Informationen zu BNE-Klassenfahrten
Linksammlung
- TUM: Internet produziert soviel CO2 wie Flugverkehr
- BR24: Weltweit verschwinden pro Minute 30 Fußballfelder Regenwald
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Coffee-to-go Becher
- Süddeutsche Online: Wie ein ganzer Kontinent seiner Rohstoffe beraubt wird
- BNE-Portal: Unterrichts- und Lehrmaterialien
- Lehrer Online: Unterrichtsvorschläge und Arbeitsmaterialien
Bildnachweis
- Titelbild: Arbeitsgruppe im Unterricht: 58569122, stock.adobe.com
- Windrad im Schwarzwald © Daniel Schoenen
- Temperierter Regenwald in Westkanada © Wilderness International
- Innenleben Smartphones © Green City Freiburg
- Schüler beim Planspiel Politik © Politik e. V.