Das Referendariat: So gelingt der Einstieg

Nach langer, grauer Theorie ist es endlich so weit: Der Hörsaal wird im Referendariat gegen das Klassenzimmer eingetauscht. So ganz lässt sich der Praxisschock nicht vermeiden, doch mit guter Vorbereitung fällt der Einstieg wesentlich leichter.
Nach langer, grauer Theorie ist es endlich so weit: Der Hörsaal wird im Referendariat gegen das Klassenzimmer eingetauscht. So ganz lässt sich der Praxisschock nicht vermeiden, doch mit guter Vorbereitung fällt der Einstieg wesentlich leichter.
Ein junger Referendar im Klassenzimmer.
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Die Bewerbung auf eine Stelle

Jedes Bundesland bietet pro Schuljahr Bewerbungstermine an, zu denen die Bewerbung vorliegen muss. Welche dies sind, ist – wie üblich – in jedem Bundesland unterschiedlich. Dazu kommen andere Faktoren. Beispielhaft sei hier das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen beschrieben. Hier gibt es zwei Einstellungstermine jeweils zum Halbjahr: den 1. Mai und den 1. November. Die Bewerbungen für den Haupttermin am 1. Mai müssen bis zum 15. November des Vorjahres vorliegen.

Der eigentliche Vorbereitungsdienst erfolgt zweigleisig: An der jeweiligen Ausbildungsschule und an einem der 33 Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung. Diese sind über die fünf Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster verteilt. Bewerber können bis zu vier Ortswünsche angeben. Wenn Sie Pech haben, kann es jedoch sein, dass Sie Ihr Referendariat relativ fern des eigenen Wohnorts absolvieren müssen. Wie aussichtsreich die Bewerbung für bestimmte Wunschorte ist, hängt vor allem von der Fächerkombination ab.

Das Portal des Deutschen Bildungsservers hat eine Linkliste zusammengestellt, die zu den entsprechenden Informationen für alle 16 Bundesländer führt.

Grundsätzlich ist es möglich, sich auch in anderen Bundesländer zu bewerben. Allerdings muss die im eigenen Bundesland studierte Fächerkombination im Zielbundesland anerkannt sein.

Die Bewerbungskriterien

Die Noten der ersten Staatsprüfung bzw. des Master-Abschlusses spielen zwar eine Rolle, werden aber nicht überdurchschnittlich gewichtet. Der Notendurchschnitt ist genauso wichtig. Zwei weitere Aspekte bei den Bewerbungschancen sind die Wartezeit und etwaige soziale Härten, zum Beispiel eine Schwerbehinderung. Haben Sie Lust, sehr viel Kleingedrucktes zu lesen, können Sie hier das Merkblatt der Hansestadt Hamburg zum Bewerbungs- und Zulassungsverfahren für den Vorbereitungsdienst für Lehrämter an Hamburger Schulen als PDF abrufen.

Die Vorbereitung auf den Vorbereitungsdienst

Die Bewerbung hat geklappt und Sie haben den heißersehnten Referendariatsplatz erhalten! Wie geht es nun weiter? Ganz wichtig: Proaktiv handeln. Lehrkräfte an Schulen sind notorisch im Stress und leiden ohnehin unter Zeitmangel. Sie bemerken neue Referendare oft erst, wenn diese hilflos wie ein verlorenes Schäfchen im Lehrerzimmer stehen. Sobald Sie den Namen Ihrer zukünftigen Schule haben, sollten Sie aktiv werden. Informieren Sie sich auf der Website über die Schule. Die Lokalpresse liebt es, über Schulen zu schreiben. So finden Sie leicht heraus, ob sich Ihre Schule in einem bestimmten Bereich hervortut, zum Beispiel mit einem Schulorchester, einem Schulgarten oder internationalen Austauschprogrammen. Spielen Sie selbst ein Musikinstrument, können Sie leicht ein Gespräch über das Schulorchester anfangen und so das Eis brechen.

Viele Schulen stellen angehenden Referendaren einen Mentor, die Sie durch den Vorbereitungsdienst begleitet. Kennen Sie den Namen, nehmen Sie direkt Kontakt zu dieser Person auf. Stellen Sie sich in einer E-Mail vor oder schlagen Sie ein Kennenlerngespräch vor. Schauen Sie ruhig einmal vor dem offiziellen Start in der Schule vorbei. Stellen Sie sich im Sekretariat vor (die Schulsekretärin ist meist die heimliche Macht in der Schule, mit der Sie sich unbedingt gut stellen sollten) und bei den anwesenden Lehrer.

Die Hospitanz

Die erste aktive Phase des Referendariats ist meist die Hospitationsphase. In dieser Phase stehen Sie noch nicht selbst vor der Klasse. Sie sitzen in einer Ecke und verfolgen den Unterricht Ihres Mentors oder anderer Lehrkräfte. Ganz wichtig: aktiv bedeutet wirklich aktiv sein. Schreiben Sie sich vorab Punkte auf einen Notizblock, die Sie während der Hospitanz beobachten wollen. So vermeiden Sie, dass Sie in die Rolle des Schülers zurückfallen und geistig abdriften. Einige Vorschläge:

Die Notizen bilden dann die Grundlage für eine Nachbesprechung mit der Lehrkraft. Denken Sie daran, dass Sie in der Position des Bittstellers sind. Sie machen sich keine Freunde im Kollegium, wenn Sie der Lehrkraft einen Vortrag halten, was diese alles falsch gemacht hat und was Sie zweifellos besser machen würden. Haben Sie sich an etwas gestört, fragen Sie lieber nach, warum die Lehrkraft so gehandelt/reagiert hat.

Der eigene Unterricht

Nachdem Sie einige Stunden bei anderen Lehrern hospitiert haben, wird es Zeit, selbst vor die Schulklasse zu treten. Sie haben viel Zeit in die Unterrichtsvorbereitung gesteckt und sind hoch motiviert. Doch dann hören die Schüler nicht zu und machen die ganze Zeit nur Quatsch. Am Ende des ersten Tages wartet kein Erfolgsrausch, sondern bittere Enttäuschung. Was ist schiefgelaufen? Oft sind es Kleinigkeiten, die eine enorme Wirkung erzielen. Einige Beispiele:

Kleider machen Leute

Denken Sie an Ihre eigene Schulzeit zurück: Haben Sie Lehrerinnen ernst genommen, die ständig Pullover mit süßen Katzenbabys trugen oder den Lehrer, der über Jahre hinweg täglich die gleiche hässliche beige-braune Strickjacke trug? Der Kleidungsstil ist oft das Erste, das wir an anderen Menschen bemerken und das gilt natürlich auch für Sie im Referendariat.

Vielleicht denken Sie, dass Sie den lässigen Kumpeltyp und großen Bruder repräsentieren, wenn Sie in löchrigen Jeans, Schlabber-T-Shirt und ausgelatschten Chucks vor die Klasse treten. Die Schüler sehen dagegen einen unreifen Studenten, der verzweifelt cool wirken will. Genauso fehl am Platz ist das elegante Businesskostüm mit knielangem Rock, weißer Bluse und Blazer, in dem Sie eindeutig overdressed für den Alltag sind. Wählen Sie den goldenen Mittelweg: Gepflegte Jeans, schlichte Schuhe und ein neutrales Oberteil, zum Beispiel (je nach Saison) ein einfarbiges T-Shirt oder ein Feinstrickpullover.

Die Ausstrahlung

Fast noch schwerer als die Wahl der richtigen Kleidung ist das richtige Auftreten. Geben Sie ruhig zu, dass Sie nervös sind – das merken die Schüler sowieso. Ehrlichkeit führt zu mehr Respekt als krampfhaftes Überspielen der Nervosität mit schlechten Witzen, während die Stimme zittert.

Bemühen sie sich um eine unverstellte Sprechweise. Ein wenig Dialekt ist sympathischer als ein gekünsteltes steifes Hochdeutsch, der ein oder andere umgangssprachliche Ausdruck besser als verschraubte Fachbegriffe, mit denen die Schüler nichts anfangen können. Aber Vorsicht: Fäkalsprache ist tabu und mit dem Versuch, „coole“ Jugendbegriffe zu nutzen, gehen Sie wahrscheinlich baden. Keine Sorge, Sie haben noch genug Zeit die Schüler während einer Klassenfahrt von Ihrer „Coolness“ zu überzeugen.

Keine klare Zielsetzung und Struktur

Sie haben Ihren Unterrichtsstoff vielleicht gründlich vorbereitet, doch nicht mit Zwischenfragen, Diskussionen und Störungen gerechnet. Schon nach einigen Minuten entgleitet Ihnen das Thema und Sie wissen nicht, wie Sie zurück zum Punkt kommen sollen. Stellen Sie Ihre eigene Zielsetzung und die Strukturierung des Unterrichts auf den Prüfstand. Einige Tipps:

Hadern Sie mit einer besonders schwierigen Situation oder einem besonders schwierigen Schüler, bitten Sie Ihren Mentor oder andere Kollegen um Hilfe. Profitieren Sie von ihren allgemeinen Erfahrungen und von ihrem Wissen im Umgang mit Problemschülern.

Scheuen Sie sich nicht, die Schüler um Feedback zu Ihrer Unterrichtsgestaltung zu bitten. Verwenden Sie zum Beispiel eine zu komplizierte Fachsprache, oder gehen Sie zu schnell vor, können Sie dies leicht anpassen und verstärkt darauf achten, alle Schüler mitzunehmen.

Unterrichtsbesuch und die Lehrprobe

Nachdem Sie sich an den Unterricht vor der Klasse gewöhnt haben, kommt die nächste und letzte große Herausforderung: Der Unterrichtsbesuch. Dabei erhalten Sie Besuch von Ihrer Seminarlehrkraft, die Sie in der Praxis erleben möchte. Sehen Sie diesen Besuch positiv und nutzen Sie die Chance, in der Nachbesprechung wertvolles Feedback zu sammeln. Dabei erläutern Sie in der Regel zuerst Ihre eigene Sicht auf die abgelaufene Unterrichtsstunde. Anschließend bekommen Sie von der Seminarlehrkraft und Ihrem eventuell ebenfalls anwesenden Mentor Lob und Kritik.

Den Abschluss bildet die sogenannte Lehrprobe vor dem Prüfungsausschuss. Dieser besteht meist aus der Seminarlehrkraft, dem Mentor/der Mentorin, der Fachlehrkraft und einem Mitglied der Schulleitung. Sie erfahren etwa zwei Wochen im Voraus, in welcher Klasse der Unterrichtsbesuch stattfindet. Dies gibt Ihnen Zeit zur Vorbereitung. Vielfach können Sie angeben, ob Sie eine bestimmte Klasse bevorzugen, in der Sie sich besonders wohl fühlen.

Vor dem Unterrichtsbesuch müssen Sie einen Lernprobenentwurf einreichen. Darin geben Sie an, welches Thema Sie behandeln werden, wie der Unterricht strukturiert ist und welche Unterrichtsmethoden, Medien und Materialien Sie verwenden werden.

Tipp: Fehlt Ihnen die Inspiration oder sind Sie unsicher, ob Ihr Unterrichtsentwurf etwas taugt, schauen Sie sich einmal in der Lehrprobenbörse der GEW Berlin um.

Do‘s and Don‘ts der Lehrprobe

Gute Vorbereitung ist das A und O der Lehrprobe. Beginnen Sie so früh wie möglich mit der Planung Ihrer Unterrichtsstunde und bereiten Sie Unterrichtsmaterialien spätestens am Tag vor der Lehrprobe vor. Schließlich wollen Sie nicht ohne Arbeitsblätter dastehen, weil ausgerechnet vor der so wichtigen Unterrichtsstunde der Fotokopierer im Sekretariat streikt.

Seien Sie rechtzeitig im Klassenraum anwesend und stellen Sie sicher, dass auch hier alles funktioniert (z.B. das Whiteboard oder der Overhead-Projektor), die Tafel sauber ist und kein Müll herumliegt.

Bitten Sie Ihre Schüler um Mithilfe. Die meisten werden Ihnen diese nicht verwehren. Eine kleine Bestechung kann nie schaden: Stellen Sie ihnen ein gemeinsames Frühstück oder eine Kuchenrunde in Aussicht, wenn Sie sich nach gelungener Lehrprobe von ihnen verabschieden.

Daneben gibt es einige Dinge, die Sie tunlichst unterlassen sollten. Vermeiden Sie es zum Beispiel, während des Unterrichts ständig zur Prüfungskommission zu blicken und aus ihren Mienen zu lesen. Versuchen Sie lieber so tun, als wären sie gar nicht da und blicken Sie auf Ihre Schüler oder die Tafel.

Viele weitere Tipps, wie Sie die Lehrprobe lieber nicht gestalten sollten, hält Lehrer-Star Bob Blume auf seinem Blog bereit.

Geschafft! Jetzt sind Sie schon am Ende des Referendariats angekommen.

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